Aus: "dran 2/1998" (Februar 1998)
Autor: Bettina Wendland
Web-Site: http://www.dran.de
»» Daß die Newsboys in neuer Besetzung spielen, mag
ein hinreichender Grund sein, über sie zu berichten. Aber kein
notwendiger. Die Hauptursache ist in diesem Fall eher im persönlichen
zu suchen: Phil Joel, der langhaarige Sänger und Bassist ist nämlich
der heimliche Schwarm unserer (immer noch glücklich verheirateten,
keine Sorge Thomas ...) Redakteurin Bettina Wendland. Da lag es nahe,
daß sie sich an ein Newsboys-Interview macht, aus rein musikalischen
Gründen, versteht sich ... (Aber das dürfen wir eigentlich
alles gar nicht schreiben ...)
Neues von den Newsboys
Zur Zeit machen die Newsboys ihrem Namen alle Ehre - nicht nur weil
März ihre neue CD erscheint. Im Dezember hat Leadsänger John
James seinen Ausstieg aus der von ihm mitgegründeten Band angekündigt.
Das Erscheinungsbild der Zeitungsjungen wird sich also wieder verändern.
Für deutsche Fans aber nichts Neues: Schon bei Celebration ´97
traten die Newsboys in der neuen Formation auf.
Bettina Wendland
In
Zukunft wird Bandleader Peter Furler seine Schlagzeugstöcke in
die Hände von Percussionist Duncan Phillips legen und die Leadvocals
übernehmen. Tatkräftig unterstützen werden ihn dabei
Bassist Phil Joel und Gitarrist Jody Davis. Nicht nur während ihrer
Europa-Tour hat sich die Besetzung bewährt, auch beim historischen
Konzert in Houston / Texas am 1.11.97 - mit über 33.000 Besuchern
vermutlich das größte (eintrittspflichige) christliche Konzert,
das es je gegeben hat.
Auch wenn sie in den Staaten "richtige" Stars sind, wirken
die Newsboys eher wie die Typen von nebenan. Ihre Familien sind ihnen
sehr wichtig, sonntags gehen sie in die Kirche - wenn sie nicht gerade
unterwegs sind. Und zwischendurch heizen sie mit ihren Motocross-Bikes
durch´s Gelände. Musik machen würden sie am liebsten,
bis sie sechzig sind. Falls das nicht klappt, werden sie ihr Geld eben
anders verdienen: "Was sich ergibt. Ob es Geschirrwaschen ist oder
Hamburgerbraten."
So viel Bescheidenheit tut nun aber doch nicht not. Das neue Album
wird gleichzeitig von Star Song für den christlichen und Virgin
Records für den säkularen Markt weltweit veröffentlicht.
Die Newsboys selbst beschreiben die neue Scheibe als gewaltigen Schritt
nach vorn. Die Vorgehensweise bei der Aufnahme bringt Peter Furler auf
den Punkt: "Es ist nicht so, daß wir wissen, was wir wollen.
Wir wissen, was wir nicht wollen. Man hört uns diskutieren: Wir
wollen dies nicht', Wir wollen jenes nicht', Laßt
uns das rausschmeißen' ... Und was übrigbleibt, bleibt dann
übrig." Dabei ist er davon überzeugt, daß diese
Überbleibsel die besten Sachen sind, die sie je geschrieben haben.
"Der Tag, an dem wir unsere letzte Platte nicht überbieten
können, ist der Tag an dem wir aufhören. Und die letzte werden
wir überbieten, das ist definitiv."
Und so ist Peter bemüht, die letzte CD in ein etwas schlechtes
Licht zu setzten: "Bei der letzten Platte haben wir keine Sequenzer,
keine Maschinen' benutzt. Wir sind einfach ins Studio gegangen,
und - one, two, three' - jeder legte los. Bei den meisten Aufnahmen
haben wir den zweiten oder dritten Take genommen - oder sogar den ersten.
Aber das hörte sich dann zum Schluß an wie eine Maschine."
"Dieses Mal werden wir mehr Maschinen' benutzen und uns dann
stärker live' anhören", fügt Phil schmunzelnd
hinzu. "Die neue Platte bringt viel mehr ein Live-Feeling rüber.
Sie ist rauher, härter, aber es ist immer noch Pop. Rhythmisch
ist es immer noch Pop, die Melodie ist Pop, aber die Sounds sind erdiger."
Produziert werden diese erdigen Sounds von dem neuen Frontmann Peter
Furler. Steve Taylor, der zusammen mit Peter das letzte Album [Anmerkung:
die 3 letzten Alben] - "Take Me To Your Leader" - produziert
und einen Großteil der Texte dafür geschrieben hat, wird
auch für die neue Platte einige Texte beisteuern. "Steve ist
einer der besten, wenn nicht der beste Texter in der Szene. Er kann
in zwei Stunden einen Text schreiben. Und er kann sehr gut ausdrücken,
was wir sagen wollen. Er fängt nie mit einem Text an, bevor er
nicht von uns einen Input bekommen hat und mit uns darüber diskutiert
hat, worum es in dem Song gehen soll. So gelingt es ihm, daß sich
das Lied wirklich nach uns anhört", erklärt Phil Joel.
"So wie wir uns musikalisch weiterentwickeln, wollen wir uns auch
in dem weiterentwickeln, was wir zu sagen haben. Wir gehen gerade durch
eine Phase, in der wir uns damit auseinandersetzen, was wir glauben.
Als Christen und als Menschen denken wir manchmal ziemlich komisch.
Wir denken in engen Bahnen, wenn wir in weiten Bahnen denken sollten,
um wirklich an die Wahrheit zu kommen. Wir wollen die Leute einen Schritt
weiterbringen, um vielleicht die Wahrheit zu verstehen", beschreibt
Phil das Newsboys-Anliegen.
Ihre geistlichen Inputs kommen aus ganz unterschiedlichen Quellen,
wie Keyboarder Jeff Frankenstein betont (der eigentlich ganz harmlos
aussieht, trotz des Namens ...): "Wir lesen viele Bücher und
leihen sie einander aus - von C.S. Lewis, Francis Schaeffer und anderen
Autoren. Wenn wir umherreisen, treffen wir außerdem viele unterschiedliche
Menschen und tauschen uns mit ihnen aus. Dadurch bekommen wir viel Input,
und es inspiriert uns für die Entwicklung von Songideen."
Geistliches Futter bekommen die Newsboys aber auch in ihrer Kirche.
Während der Aufnahmen sind sie regelmäßig da, wenn sie
auf Tour sind, nur etwa jeden dritten Sonntag. "Wir sind nicht
so oft da, wie wir gern wären, aber Gott sorgt auf andere Weise
für uns", meint Phil.
Ihr Erfolg im säkularen Bereich ist für die Newsboys kein
Anlaß, sich den Fans anzupassen und von ihrer christlichen Message
Abstriche zu machen. "Unser Hauptthema ist unser Weg mit Gott",
betont Phil. Und Peter meint: "Unser Auftrag ist es, Gott näher
zu kommen - viel mehr als Musiker zu sein."
Auf die Frage, ob sie denn für ihr konsequentes Christsein einen
Preis zahlen müssen, sagt Jeff (der in seiner Jugend den dritten
Platz in einem Schreibmaschinenwettbewerb gewonnen und damit 50 Mädchen
aus dem gesamten Staat Michigan geschlagen hat!): "Ich weiß
nicht, ob es etwas kostet. Ich empfinde es als Geschenk. Erlösung
ist ein tolles Geschenk von Gott." Und Phil fügt hinzu: "Es
gibt schon einen Preis, den man in gewisser Weise bezahlen muß,
aber andererseits - wie Jeff gesagt hat - ist die Erlösung, das
Evangelium, das schönste Geschenk, das du jemals bekommen kannst.
Dieses Geschenk basiert auf Gottes Liebe. Alles, was du vielleicht dafür
aufgeben mußt, ist nur sehr wenig, verglichen mit dem, was Gott
für dich tut."
Wenn es schon um Kosten geht, kommt man auch schnell auf Geld zu sprechen.
Und hier räumt Phil erst einmal mit einem gängigen Vorurteil
auf: "Wenn die Leute uns auf der Bühne im Konzert mit Tausenden
Menschen und auf den Platten sehen, denken sie oft, daß wir ein
Vermögen machen. Aber das stimmt nicht. Wir verdienen nur so viel
zum normalen Leben wie du oder irgendjemand sonst. Wir führen ein
ziemlich normales Leben, leben in normalen Häusern, nichts Besonderes.
Wir haben eine halbe Million Platten von Take Me To Your Leader'
verkauft. Aber Bands wie U2 verkaufen etwa 4 Millionen Platten, und
damit machen sie viel Geld. Du mußt enorm viele Platten verkaufen,
um wirklich über dem zu leben, wie es normale Menschen tun. Denn
man hat so viele Kosten, die ganze Ausrüstung ..."
"Wir denken in engen Bahnen, wenn
wir in weiten Bahnen denken sollten, um wirklich and Wahrheit zu kommen"
Aussteiger John James will sein Geld in Zukunft als Autor und Redner
verdienen. "Ich habe die vergangenen zwölf Jahre sehr genossen
und bin für alles sehr dankbar. Besonders schätze ich das
Entgegenkommen und die Unterstützung der Band bei dieser schwierigen
Entscheidung." Auch ohne den "Innisfall high school table
tennis champion" werden die Newsboys sicher weiter erfolgreich
sein. Und sie haben auch schon konkrete Pläne für die Zukunft:
Im Herbst soll es wieder eine ausgedehnte Tour geben. Ob sie die australisch-amerikanische
Band auch in europäische Gefilde bringen wird, ist aber noch nicht
bekannt. Außerdem soll es endlich mal ein Live-Album geben, auf
das die Fans schon lange warten. Während der 97er Tour haben sie
fleißig aufgenommen. Die übernächste CD wird also wahrscheinlich
eine Live-Platte werden. Warum nicht schon eher? "Wir wünschten,
wir hätten schon ein Live-Album gemacht, aber unsere Plattenfirma
wollte das nicht", erklärt Phil Joel. Hoffentlich hat sie
sich das inzwischen anders überlegt ...
Bettina Wendland ist verheiratet, lebt in Bochum und ist Redakteurin
bei dran. ««