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Artikel - dran (auf deutsch / in German)


Aus: "dran 8/2002" (Oktober 2002)
Autor: Jörg Schwehn
Web-Site: http://www.dran.de  /  http://www.herr-schwehn.de

Die Newsboys»» Zwischen äußerem Schein und innerer Wahrheit:
Die Newsboys

Die Newsboys sind Australier und keine Amerikaner. Das zu wissen ist wichtig, denn obwohl die Band in Amerika lebt, haben sich die Jungs ihre australische Mentalität durchaus bewahrt. Darum soll es in diesem Artikel gehen: Die nach außen glattgebügelten christlichen Stars, die tatsächlich Ecken und Kanten haben.

Glaubt man der Promotion-Maschinerie christlicher Plattenfirmen, dann sind die Bands und Musiker, Sängerinnen und Sänger die uns allmonatlich mit neuer Musik beglücken allesamt Menschen mit tiefem Glauben und einer persönlichen Integrität, die weit über das Maß des Normalchristen hinausgeht. Fakt ist aber, dass Promotion die Charaktere glatt bügelt. Kleine und grosse Skandale beweisen das ebenso wie es von Menschen bestätigt wird, die immer wieder mit diesen Stars zu tun haben.

"Wir sind Australier, wir können das."

Die NewsboysJedes mal, wenn die Newsboys bisher in Deutschland waren, bin auch ich beteiligt gewesen. Mal wurden sie von mir betreut, der Veranstalterkontakt kam von mir oder die Promotionarbeit lief über mich. Dann wieder sollten sie auf meiner Christmas-Rocknight-Talk-Bühne ein Interview mit mir haben, zu dem sie nicht kamen, weil sie angeblich zu müde waren. Tatsächlich hatten sie aber keine Lust auf "noch einen Termin". Ein anderes Mal hatten sie ihren Soundcheck um Ewigkeiten überzogen, als ein kluger Tontechniker auf die Idee kam, ihnen eine Wette anzubieten: "Ihr schafft es nicht, in fünf Minuten fertig zu werden." Angesichts des Wetteinsatzes von einer Kiste deutschen Bieres war der Soundcheck drei Minuten danach vorbei. Als die Band nach dem Auftritt das Bier im Umkleideraum hatte, war es eine Stunde später weggekämpft. "Wir sind Australier, wir können das."

Interessant ist die Geschäftstüchtigkeit mit der Peter Furler & Co. zu Werke gehen. Vor zehn Jahren fielen sie auf, weil ihre Show so verrückt und durchgeknallt war. Aus der kleinen Crazyness wurde mit dem Umzug nach USA dann Business, denn neben der Bandarbeit existiert auch noch eine Showtechnik-Firma, die alle US-Shows der Newsboys durchführt. Dort wird der Schnickschnack zur Verfügung gestellt, den die Boys benötigen, um ihre crazy Show auf die Bühne zu bringen: Hebebühnen, die durch die Halle schweben, um ein Schlagzeug-Duell in Szene zu setzen. Und zur letzten großen US-Tour hat die Band die Veranstaltungshalle in Form eines Air-Domes gleich selbst mitgebracht.


Die NewsboysGang nach Canossa

Es geht hier nicht darum, die Newsboys als launische, alkoholisierte Business-Diven dazustellen, die von der Promotion verherrlicht werden! Der große Erfolg der Newsboys ist nicht auf die Arbeit von Marketing-Strategen zurückzuführen. Er bedingt sich durch die Art, wie die Band ihr Leben lebt, ihre Bühnen betritt, ihre Musik macht, ihren ganz privaten Glauben so weit in die Öffentlichkeit trägt, dass es gerade noch vertretbar erscheint. Die Newsboys haben ihre Eigenarten, machen ihre Fehler, lassen sich nicht verbiegen.

Ein letzter Punkt an dem man Ecken, Kanten, Ehrlichkeit und Korrekturfähigkeit der Band erkennen kann, ist ihre neue platte "Thrive". Zwei Alben haben die Herren Newsboys nämlich selbst produziert. Der Erfolg hat sie widerlegt, denn die Verkaufszahlen sanken rapide. Daraufhin wurden die eigenen Ambitionen zusammengestrichen und Erfolgsproduzent Steve Taylor zurückgeholt. Das Ergebnis ist, dass man "Thrive" getrost für die "Platte des Jahres" nominieren kann. Die Scheibe rockt gewaltig, hat raue Herzlichkeit zu bieten, und passend zur Newsboys-Crazyness blickt man nicht immer durch und muss sich auf die Texte einlassen. Der Fehler, nicht mehr mit Steve Taylor arbeiten zu wollen, ist korrigiert worden. Man stelle sich diesen Gang nach Canossa vor: Wie die Newsboys zu einem Mann gehen, den sie enttäuscht haben, um ihn wieder zur Zusammenarbeit zu bitten. Leicht ist das ganz sicher nicht. Und doch passt es zu dem, was die Newsboys ausserhalb jeglicher Promotion tatsächlich sind.

Jörg Schwehn (37) arbeitet als Journalist und Moderator (und hat den Newsboys mittlerweile ihr nicht-Erscheinen zum CRN-Talk verziehen). ««


Kommentar dazu von David Decker:

Ich find's schön, daß die Newsboys kapiert haben: Australisches Bier ist besser als Amerikanisches und über allem steht das Deutsche Bier ;-) Und mal ganz ehrlich: Mir ist keine christliche Rockband bekannt, die nicht gerne ein Bierchen in Ehren trinkt. Das ist auch nicht der Punkt. Hier im Artikel sollte wohl ein Zusammenhang konstruiert werden, zwischen 'Christsein', 'christlicher Rockmusik' und 'Alkoholgenuß'. Das finde ich bedenklich. Es ist bisher nichts über ein Alkoholproblem der Bandmitglieder bekannt, deshalb sollte man sich mit derartigen Spekulationen zurückhalten.

Dann wird noch versucht die Argumentation aufzubauen, es sei ein Fehler gewesen, daß Steve Taylor zwei Alben der Band nicht produzierte. Was Blöderes habe ich selten gelesen. Dabei ist es gerade Herr Schwehn, für den Kreativität, Abwechslung und "was Neues" immer sehr wichtig zu sein schien. Also ich kann mir nicht helfen, aber wenn eine Band ihr ganz eigenes Ding macht und sich auch einmal als Produzent betätigt, ist das aus dieser Perspektive doch das Beste, was sie überhaupt tun kann, oder? Auf jeden Fall war "step up to the microphone" das bisher am schnellsten verkaufende Album der Band, denn es erreichte bereits ein anderthalbes Jahr nach Erscheinen Gold-Status, d.h. mehr als 500.000 verkaufte Einheiten! Kein Album der Gruppe war bisher schneller! Außerdem brachte es drei beeindruckende Nummer-Eins-Radiosingles hervor, sowie weitere Chart-Singles. Für "love liberty disco" gilt ähnliches: Es brachte ebenfalls drei hochkarätige Nummer-Eins-Singles und weitere Chart-Singles hervor. Sicher, es hat bis heute geringere Verkaufszahlen als die anderen Alben der letzten Jahre, aber das muß überhaupt nicht gegen die Platte sprechen. Sie ist eben nur anders, textlich sehr tiefgehend. Eine Band sollte sich nicht ständig selbst kopieren, sondern sie selbst, d.h. echt, bleiben! "Love liberty disco" repräsentiert genau dies. Und: Verkaufszahlen als Gradmesser für wahre Qualität und wahren Erfolg ist ein äußerst schlechter Maßstab. Ja, und wenn man dann noch Jörgs Werbetext von 1999 liest, den er damals als Angestellter von 'Alliance Music Deutschland' schrieb, für genau diese CD, ja dann, erscheint dieser Artikel hier wie die pure Heuchelei. - Man sieht außerdem, Herr Schwehn ist - wie so oft in letzter Zeit - einfach nur unzureichend informiert.

"Crazy", "Business" und "Promotion" sind wohl des Autors Lieblingsausdrücke. Jedem das Seine. Aber vielleicht sollte er in Zukunft seinen Lesern auch erklären, was sie bedeuten. Fördert ja durchaus das Verständnis...



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