Aus: sound7 (vom 15. Mai 2006)
Autoren: Benjamin Lechner, Johannes Schnitter, Johann Isaak
Web-Site: http://www.sound7.de
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"Wir sind nicht mehr
als du."
Casting Pearls im Interview
Als kürzlich bekannt wurde, dass Paul Colman die australisch-neuseeländisch-
amerikanische Band »Newsboys« komplettieren würde,
haben im darauf folgenden Trubel viele schnell übersehen, dass
da ein ähnlich begabter Musiker die Gruppe auch wieder verlassen
hatte. Der Vorgänger-Gitarrist Bryan Olesen gründete gemeinsam
mit Case Maranville und Scott Rutz »Casting Pearls« und
musste Benjamin Lechner und Johannes Schnitter Rede und Antwort stehen.
Leicht verschlafen sehen sie aus, als sie uns in der Hotellobbby gegenüber
sitzen. Unwillkürlich fragen wir uns, ob das Leben eines christlichen
Rockstars gesund sein kann. Schnell kommen wir allerdings auf ein angeregtes
Gespräch. Nicht nur deutsche Brillen (die auf des Redakteurs Nase)
und der mitgebrachte Apple sind dabei Themen, vielmehr hat das Trio
auch noch rege Erinnerungen an ihren letzten Deutschland-Besuch vor
einem Jahr.
Ihr spielt bald wieder in Deutschland - auf »Maiday«
und »Himmelfahrt Festival«. Letzteres habt ihr bereits einmal
besucht. Wie war das?
Es war großartig. Wenn du ein Künstler bist und du machst
Musik und du gibst es an Leute weiter, die es hoffentlich gut finden
und es hören. Und dann kommst du in ein anderes Land, um das zu
tun, das ist ziemlich großartig. Und die Fans dort: Die Deutschen
lieben RocknRoll und es hat Spass gemacht, dort zu spielen.
Es war eine tolle Erfahrung und ich mag die Landschaft. Es war einfach
gut.
Was
ist der Hauptunterschied zwischen euren Konzerten in den Vereinigten
Staaten und Deutschland oder Europa?
Es ist vor allem in dem Sinne aufregend, weil es eine Prüfung ist.
Du fliegst da rüber, du kämpfst mit Jetlag, dann ist es eine
Art Test für dich als Musiker, zu sehen, woraus du gemacht bist.
Denn du bist müde, du hast 36 Stunden nicht geschlafen und du gehst
auf die Bühne, und keiner versteht dich. Naja, die meisten Leute
in Deutschland verstehen Englisch, ziemlich gut sogar!
Aber du kannst dir nicht sicher sein, ob alle Songtexte rüberkommen.
Also musst du eine gute Show liefern und musst sicher gehen, dass deine
Energie ausreicht, um die Verbindung zum Publikum herzustellen. Als
Musiker ist es also echt spannend, diesen Unterschied zu sehen... Aber
die Energie der Menge war fantastisch im letzten Jahr. Das war echt
erstaunlich. Die sind bereit, Spaß zu haben.
Ich habe auch einen Unterschied gesehen zwischen dem üblichen konservativen
christlichen Publikum in den USA und den »Himmelfahrt Festival«-Besuchern.
In Deutschland ist das ein bunter Haufen an Leuten. Du siehst Leute
rauchen oder - na, wir haben sogar Wein aus der Gegend bekommen haben.
Das war wundervoll, besonders weil der Wein gut war (lacht). Es ist
eine gesündere Einstellung gegenüber solchen kulturellen Sachen,
die in den USA nicht vorkommen und teilweise verpönt sind. Das
finde ich gut!
Bryan, du hast für die »Newsboys«
gespielt. Aus meiner Perspektive hat das - zumindest anfänglich
- »Casting Pearls« einen enormen Schub gegeben.
Ja, das hat es. Aber es war in einigen Fällen auch ein Hindernis,
weil - z. B. als unser Album »Casting Pearls« im August
herauskam - haben wir keine Tour gekriegt, was eine neue Band normalerweise
bekommen würde - wegen meinem Engagement bei den »Newsboys«.
Definitiv wurde dadurch bekannt, was ich nebenher gemacht habe. Aber
die Newsboys hatten immer Vorrang, wenn es um Shows ging. Es war trotzdem
gut. Ich war zweieinhalb Jahre bei den »Newsboys«, der Herr
hat mir das geschenkt und im Dezember 2005 war es Zeit, weiterzugehen.
Das war echt aufregend, so einfach abzuspringen und vollzeitig »Casting
Pearls« zu machen.
Im Moment machen wir dieses Event, es heißt »180 Tour«.
Wir haben uns zusammengetan mit einer Überlebenden von Columbine,
Crystal Miller. Sie war bei dem Columbine Drama in Colorado dabei. Wir
gehen in öffentliche Schulen fordern die Jugendlichen heraus und
helfen ihnen, Entscheidungen zu treffen. So haben wir sogar eine gute
Möglichkeit, diese Jugendlichen für Christus zu gewinnen:
Wir laden sie zu unseren Shows ein. In unserem öffentlichen Schulsystem,
in den USA, wollen die Leute es nicht, dass man über Gott und über
Jesus redet. Wir halten uns da auch ein bisschen zurück, aber wir
laden sie zu den Shows ein, wo wir erzählen können, wer wir
sind und was wir auf dem Herzen haben. Es ist eine aufregende Sache,
die uns Gott gegeben hat. Obwohl es die »180 Tour« heißt,
wird das eine Sache bleiben, die wir für die nächsten paar
Jahre weitermachen werden.
Dürft ihr denn dann in den Schulen christliche
Lieder singen und auf der Bühne den Glauben zu bekennen?
Die wollen meistens nur wissen, was dein Programm ist und was du sagen
wirst. Wir singen auf jeden Fall unsere Songs über Christus und
über das Leben als Christ. Und oft sind das Themen, mit denen jeder
zu tun hat, mit verschiedenen Kämpfen im Leben. Die kriegen das
manchmal beim ersten Zuhören gar nicht mit, dass wir über
unsere Beziehung zu Gott sprechen. Wir sind ein bisschen wie getarnt,
wir fliegen quasi unter dem Radarniveau. Wir sagen: Hey, wir sind eine
Rockband
Auf
diese Generation wirken so viele verschiedenen Faktoren und verschiedene
Einflüsse ein...
Die Jugendkultur ist ein Trendsetter und steuerndes Element für
die gesamte Kultur. Man sieht das, wie die Medien sich komplett auf
sie einstellen. Finanziell und wirtschaftlich haben sie das meiste Kleingeld,
das sie einfach so ausgeben können. Sie kaufen sich das ganze Zeug
und es wird zum Trend. Wir sehen, dass die Teenager
eure CDs kaufen sollten
(Allgemeines Gelächter) Yeah, sie sollten unsere CDs kaufen. Wir
sehen, dass Teenager mächtige Trendsetter der Gesellschaft sein
können. Wir wollen helfen, das zu beinflussen und ihnen das Leben
zeigen, das sie leben sollten und leben könnten und das sie bereits
leben und wie sie den nächsten Schritt in diesem Leben tun sollen.
Wir sehen es auf jeden Fall.
Wie ist bis jetzt das Feedback? Wie reagieren
die Leute, wenn ihr an den Schulen seid?
Wir haben das im Januar angefangen und haben bis jetzt zwei Events gemacht.
Wir waren anderthalb Wochen in Miami und anderthalb Wochen in Indiana.
Es war toll. Jedes Mal, wenn wir in eine Gegend kommen, geht das so
aus, dass wir die ganze Woche ausgebucht sind. Manchmal haben wir drei
Shows am Tag gemacht, wir haben zwei Schulen am Tag besucht und haben
dann am Abend eine Show auf die Beine gestellt. Und überall, wo
wir waren, wollen die Leute, die es gesehen haben, dass wir im Herbst
wiederkommen. Und je öfter wir das tun, desto mehr wissen wir Bescheid,
wie wir einen Zugang zu den Leuten finden können.
Je mehr öffentliche Schulen wir besuchen, um so mehr Briefe mit
Empfehlungen kriegen wir von den Schulleitern dort, die uns wirklich
helfen, weil einige Schulleiter vielleicht gehört haben, dass wir
eine christliche Band sind, und sicher gehen wollen, dass wir die Grenzen
nicht übertreten. Man kann sagen, dass der Herr dabei ist und dass
er es segnet. Wir gehen da einfach mit, und was wir definitiv wollen
ist: Richtung weisen!
Was mir immer wieder bei Jugendlichen auffällt:
Viele von ihnen wollen Vorbilder haben. Sie wollen jemanden feiern.
Sie interessieren sich für Stars und Promis. Wie macht ihr das?
Für viele Leute seid ihr in gewissem Sinne prominent, wenn ihr
auf der Bühne steht. Wie bleibt ihr normal?
Wenn du mitten am Tag an eine High School gehst und du willst eine Rockshow
spielen, dann ist das nicht sehr Promi-mäßig. Du kommst dahin
und allein, dass du das tust, zeigt, dass dir die Kids was bedeuten.
Denn du bist nicht auf der Bühne und sie haben kein teures Ticket
gekauft, um dich zu sehen.
Wir gehen also auf so eine Schule, und auch wenn auf der Schule nur
ein paar Hundert Schüler sind, ziehen wir unsere Show durch. Wir
versuchen »180 Generation« als »Non-Profit«
zu gründen. Dann können wir an jede Schule gehen und die Show
veranstalten, auch an Schulen die es sich normalerweise nicht leisten
können. Ich denke, allein das spricht für sich. Und zu unserer
Einstellung als Band: Wir nehmen uns nicht zu ernst. Wir kommen nicht
daher als die unerreichbaren Rockstars. Es ist Musik, das ist cool,
wir sind dankbar, dass der Herr uns da hingestellt hat. Wir sind nicht
mehr als du.
--Benjamin Lechner, Johannes Schnitter, Johann Isaak
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